Samstag, 5. November 2011

Eine Straße, viele Unbekannte


VERKEHR Wegen zweier Klagen wird die Ortsumfahrung Naumburg - Bad Kösen vorerst nicht gebaut. Und später? Das Land verweist auf den gesetzlichen Auftrag.

VON MICHAEL HEISE

NAUMBURG/BAD KÖSEN - Ist die Ortsumfahrung Naumburg-Bad Kösen Utopie? Seitdem beim Bundesverwaltungsgericht Klagen des Naturschutzbundes und eines Landwirtschaftsunternehmens anhängig sind (Tageblatt/MZ berichtete), liegt das Projekt - für dessen Abschnitt Bad Kösen theoretisch Baurecht besteht - nicht nur auf Eis, es herrscht auch allgemeine Ungewissheit darüber, ob die Umfahrung überhaupt gebaut werden kann. Mittelfristig - also bis 2015 -jedenfalls nicht, da zur Finanzierung verplante Fördermittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Efre) nicht mehr zur Verfügung stehen. Sie werden wegen der Klagen anderweitig investiert. Deutliche Aussagen dazu trifft eine Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des Naumburger Linke-Abgeordneten Jan Wagner. Demnach ist die Straße "in Abstimmung mit dem Bund aufgrund der eingetretenen Verzögerungen im Zuge der Baurechtschaffung aus der Efre-Förderung in der aktuellen Förderperiode 2007 bis 2013 genommen worden, da eine Inanspruchnahme der Fördermittel nicht mehr gesichert ist". Und: "Eine Einordnung in die mittelfristige Finanzplanung 2011 bis 2015 kann ohne Efre-Mittel - auch vor dem Hintergrund der geänderten Prioritätensetzung des Bundes vom Neubau zur Erhaltung und der Fortführung der Großprojekte B 6n und A 14 Lückenschluss - nicht erwartet werden."

Für die Kreis-SPD, die auf einer Klausurtagung kürzlich hiesige Verkehrsprojekte zum Thema gemacht hat, ist die Ortsumfahrung Naumburg-Bad Kösen damit vom Tisch. Kreisvorsitzender Rüdiger Erben spricht von einer verheerenden Wirkung für die Region. Ohne europäische Fördermittel könne die Trasse nicht gebaut werden. Und für die Zukunft gelte für den Bund die Devise Straßenerhalt vor Neubau. "Die Kläger haben bereits gewonnen, obwohl sie noch nicht gesiegt haben", steht für ihn fest.

Beim Landesverkehrsministerium allerdings wird die Situation relativiert. Zwar bestätigt es den Wegfall der mittelfristigen Förderung, auch gäbe es noch keine Aussagen darüber, ob und in welchem Umfang später EU-Zuschüsse zur Verfügung stünden. "Doch", so lässt Sprecher Peter Mennicke wissen, "ist festzustellen, dass nahezu alle Ortsumfahrungen im Zuge von Bundesstraßen in Sachsen-Anhalt bisher ohne Efre-Mittel finanziert wurden. EU-Fördermittel sind also nicht zwingend Voraussetzung zur Finanzierung." Klar sei, dass die Teilabschnitte Bad Kösen und Naumburg im Bundesverkehrswegeplan als vordringlich eingestuft sind, "womit sich der Bund ausdrücklich für diese Vorhaben ausgesprochen und seine Absicht zur Finanzierung zum Ausdruck gebracht hat". Auch das Land betont die Wichtigkeit, verweist aber darauf, dass Finanzierungsgespräche mit dem Bund erst dann wieder stattfinden können, wenn "unanfechtbares Baurecht" besteht und "Planfeststellungsbeschlüsse Bestandskraft haben". Die Ortsumfahrung solle dazu dienen, die Verkehrsinfrastruktur im Burgenlandkreis zu verbessern.

Naumburgs Oberbürgermeister Bernward Küper (CDU) fordert, dass das Land die Gespräche mit dem Bund dann zügig sucht. "Dass gegen solch ein großes Verkehrsprojekt geklagt wird, war absehbar. Wichtig aber ist, dass der Ball im Rollen bleibt und sich Sachsen-Anhalt eindeutig zum Projekt bekennt und mit Nachdruck vorantreibt." Eine Warnung spricht er auch aus: "Sollte die Ortsumfahrung nicht gebaut werden, dann ist der Heilbadstatus Bad Kösens gefährdet." Bislang ist dieser vom Land stets nur vorläufig gewährt worden - in der Hoffnung, dass die Trasse kommt.

»Naumburger Tageblatt«, Mittwoch 5.11.2011, S. 7

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